Ein Team – Zeitarbeit oder fester Vertrag?
November 2019
Eine Klinik, zwei Pflegekräfte: Liesa Lehnhäuser und Jennifer David sind beide bei uns im Severinsklösterchen beschäftigt - die Bedingungen sind jedoch unterschiedlich. Was heißt das für den Arbeitsalltag?
Liesa Lehnhäuser (26), Gesundheits- und Krankenpflegerin im Krankenhaus der Augustinerinnen - Severinsklösterchen
Direkt nach der Ausbildung, die ich ebenfalls im Krankenhaus der Augustinerinnen gemacht habe, bin ich gefragt worden, ob ich mir vorstellen könnte, im Bereich der Intensivpflege zu arbeiten. Für mich ist das genau das Richtige. Wir haben viel Action und viel Stress. Genau das mag ich. Ich finde es gut, dass ich mich sicher fühle und in Notfallsituationen gut reagieren kann. Dabei schätze ich es sehr, dass zwar jeden Tag unvorhergesehene Dinge passieren, ich aber trotzdem weiß, was grundsätzlich auf mich zukommt. Vor allem meine Kolleginnen und Kollegen kann ich gut einschätzen – ich kann auf sie zählen. Jeder weiß, was die andere besonders gut kann oder in welchem Bereich sie Schwächen hat. Das gibt auch mir in meiner Arbeit sehr große Sicherheit, da ich mich auf das feste Team verlassen kann.
Für mich kommt hinzu, dass unsere Stationsleitung tolle Dienstpläne macht. Wenn ich Wünsche äußere, weil ich zum Beispiel einen privaten Termin habe, werden die eigentlich immer erfüllt. Ich empfinde meine Situation daher als sehr komfortabel. Das ist bei Kollegen in anderen Kliniken womöglich schwieriger. Das gebe ich zu. Außerdem kommt es praktisch nie vor, dass ich auf einer anderen Station aushelfen muss, da ich durch mein Fachwissen und meine Erfahrung fast ausschließlich in der Intensivpflege eingesetzt werde. Die Frage, zu einer Zeitarbeitsfirma zu wechseln, hat sich für mich daher nie gestellt. Der feste Vertrag ist für mich eine perfekte Lösung.
Bei uns in der Abteilung sind wir ein sehr festes Team. Trotzdem arbeite ich natürlich auch mit Kolleginnen und Kollegen zusammen, die von einer Zeitarbeitsfirma kommen. Der berufliche Hintergrund der Kollegen ist sehr unterschiedlich. Einige haben zuvor in einer Festanstellung in der Intensivpflege gearbeitet, andere kennen nur Intermediate Care (IMC). Für uns Festangestellte ist das eine Herausforderung, da wir nicht sofort einschätzen können, in welchen Bereichen die Kräfte von der Zeitarbeitsfirma besonders fit sind und welche Abläufe wir nochmal erklären oder zeigen müssen. Hinzu kommt, dass wir häufig nicht genau wissen, wie lange die Kollegen bleiben. Macht es also beispielsweise Sinn, sie in komplexere Routinen einzubinden? Grundsätzlich sehe ich diese zusätzlichen Kolleginnen und Kollegen aber eindeutig als Gewinn an.
Ich selbst habe den Eindruck, dass es für mich auf meiner Station noch eine Menge zu lernen gibt, weswegen ich die lange Zeit auf Intensiv auch keineswegs als fachlichen Stillstand empfinde. Im Gegenteil. Ich schätze die Kombination aus Routine und neuen Herausforderungen.
Jennifer David (30), seit 10 Jahren examinierte Gesundheits- und Krankenpflegerin, jetzt beschäftigt bei PLUSS Personalmanagement – Care People
Ich habe knapp zehn Jahre lang festangestellt in einer Klinik in Albstadt auf der Schwäbischen Alb gearbeitet, vor allem auf der Inneren und auf der Gefäß- und Viszeralchirurgie. Ich habe die Arbeitsweise mit einem festen Vertrag eigentlich auch nie infrage gestellt, aber als ich nach Nordrhein-Westfalen gezogen bin, hat mir ein Kollege den Tipp gegeben, ich solle es doch mal mit Arbeitnehmerüberlassung probieren, weil ich dabei meine Arbeitszeiten stärker gestalten könne. Ich habe schnell festgestellt, dass es für mich das perfekte Modell ist.
Vom Ablauf her ist es so, dass ich bei der Zeitarbeitsfirma fest angestellt bin und dementsprechend meine Stundenzahl leisten muss. Ich kann aber angeben, wann genau ich zu arbeiten bereit bin. Ich habe beispielsweise entschieden, dass ich keine Nachtschichten machen möchte. Ich arbeite auch Weihnachten nicht mehr – und kann nun Zeit mit meiner Familie nachholen. Sogar über meine Urlaubszeiten entscheide ich selbst und muss das auch nicht ein Jahr im Voraus planen, wie es vorher der Fall war. Wenn ich in zwei Monaten in Urlaub fahren will, gebe ich der Zeitarbeitsfirma einfach Bescheid, dass ich nicht zur Verfügung stehe. Ein schlechtes Gewissen gegenüber den festangestellten Kolleginnen und Kollegen habe ich deswegen übrigens nicht. Denn im Prinzip könnte natürlich jeder die Entscheidung treffen, dieses Arbeitsmodell zu wählen – auch wenn mir klar ist, dass solch eine Entwicklung fürs Gesundheitssystem nicht gut wäre. Die Gefahr scheint ja aber auch nicht zu bestehen, denn mein Alltag wäre sicherlich nicht für jeden ideal.
Grundsätzlich ist es so, dass mir die Zeitarbeitsfirma einen Vorschlag macht. Sie sagt also, wo jemand für welche Tätigkeit gebraucht wird und ich nehme den Vorschlag dann an oder lehne ihn ab – und bekomme einen neuen. Die Verträge haben eine Mindestlaufzeit von einem Monat. Wenn die Klinik mich länger braucht, fragt mich die Zeitarbeitsfirma wieder, ob ich das überhaupt will. Ich weiß also: Wenn es mir irgendwo gar nicht gefällt, bin ich im schlimmsten Fall einen Monat dort und kann danach wieder wechseln. Am Severinsklösterchen bin ich jetzt schon seit neun Monaten, und es gefällt mir hier wirklich gut. Die Atmosphäre ist unheimlich angenehm, fast heimelig, was sicher damit zusammenhängt, dass es ein kleineres Haus ist.
Natürlich war ich innerhalb der neun Monate in verschiedenen Abteilungen. Das ist etwas, was manchen Pflegenden sicherlich schwer fiele. Ein kleines bisschen Nervosität merke ich schon, wenn ich in einer neuen Abteilung anfange und nicht weiß, was mich erwartet. Der erste Tag ist tatsächlich immer ein bisschen komisch. Übrigens geht am ersten Tag immer jemand von der Zeitarbeitsfirma mit und stellt mich vor. Die Nervosität ist dann aber auch ruckzuck verflogen, weil ich bisher immer sehr herzlich aufgenommen worden bin. Ich komme ja, um den anderen zu helfen. Außerdem fällt es mir leicht, mich auf die jeweilige Situation einzustellen und mich zurecht zu finden. Nach wenigen Tagen weiß ich in der Regel, wo alles steht und muss die Kollegen nur noch selten fragen. Ich habe auch immer das Gefühl, schnell zum Team zu gehören und empfinde mich nicht als Außenseiter, obwohl ich ja nicht bleibe. Es kommt höchstens mal ein lustiger Spruch, wenn es beispielsweise um Dienstpläne an Feiertagen geht. Neid habe ich noch nicht erlebt.
Ein weiterer Vorteil ist die bessere Bezahlung. Ich verdiene nicht weniger als vorher, obwohl die Zuschläge für die Nachtschichten bei mir wegfallen. Außerdem gilt der Anfahrtsweg zur Klinik als Arbeitszeit. Für meine Arbeit hat das Zeitarbeitsmodell auch einen großen Vorteil: Da ich die Stationen wechsle, verlasse ich meine Komfortzone und lerne mehr Neues dazu. Ich bin dadurch in beruflicher Hinsicht fitter geworden.
Den vollständigen Artikel finden Interessierte in dem Fachmagazin "gesund pflegen" des Friedrich Verlags (Ausgabe 07/2019).